Predigt zum 3. Sonntag in der Osterzeit

Liebe Gläubige!
Das Evangelium vom wunderbaren Fischfang ist eigentlich ein ziemlich schwieriger Text. Er scheint irgendwie gar nicht zum Johannesevangelium zu gehören. Denn das Johannesevangelium schließt ganz offiziell mit der Szene vom ungläubigen Thomas, bei der gesagt wird: Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben. Außerdem bekommen die Jünger durch das Anhauchen Jesu den Heiligen Geist, der sie befähigt, dort weiterzumachen, wo Jesus aufgehört hat. Der Evangelist Johannes macht deutlich, dass er in dieser Szene die Kirche begründet sieht. Der Übergang vom Schauen zum Glauben ist somit vollzogen. Aber im heutigen Evangelium ist davon nichts mehr zu spüren. Die Jünger tun nicht was Jesus ihnen aufgetragen hat, sondern sind in ihre Heimat zurückgekehrt und haben ihre alten Berufe als Fischer wieder aufgenommen. Für sie scheint die Sache Jesu irgendwie vorbei zu sein. Wir können also davon ausgehen, dass dieser Text ein Anhang eines frühen Christen darstellt, der seinen Glauben rechtfertigen und begründen möchte. Es ist ein Text der eher symbolisch verstanden werden soll, als dass er eine Tatsache berichtet. Gehen wir also daran, diesen Text zu entschlüsseln: Zuerst wird kurz eine normale Alltagsszene der ehemaligen Freunde von Jesus geschildert. Das Leben von ganz normalen Fischern mit den Problemen, die sie so haben im Leben. Es geht um die Sorge um den Lebensunterhalt und Schwierigkeiten bei der Arbeit. In diesen Alltagssorgen treffen sie auf Jesus, aber sie erkennen ihn nicht. Das scheint eine Grunderfahrung von allen Christen zu jeder Zeit zu sein, dass sie die Nähe Jesu im Alltag nicht spüren und sie sehr leicht seine Anwesenheit vergessen. Wie wir oft gehen die Jünger in den Sorgen des Alltags auf. Aber im Unterschied zu uns, sind die Jünger offen für das Wirken Gottes; ja sie rechnen damit, dass Gott in ihr Leben eingreifen kann. Sie sind bereit, im Vertrauen auf seine Hilfe, etwas Unvernünftiges und für andere geradezu Lächerliches zu tun: nämlich in der Hitze des Tages zu fischen, wo doch jeder weiß, dass in der Frühe die beste Zeit zum Fischfang ist. Auch heute sind Menschen, die etwas außergewöhnliches Tun im Namen des Glaubens für viele lächerlich. Warum soll ich mich an die Gebote Gottes halten, wenn es ohne sie viel besser geht? Was bringt mir das, wenn ich am Sonntag in der Frühe aufstehe und in die Kirche gehe? Vielleicht haben sich die Jünger am Ufer des Sees ähnliche Fragen gestellt, gerade nach dem Misserfolg. Aber dann, als die den Willen Gottes erfüllten, war alles ganz anders. Dann waren die Netze voll, da war das Überleben gesichert, da waren die Sorgen wie weggeblasen. In dieser Situation erkannten sie, dass es Jesus war, der ihnen geholfen hat. Der Verfasser dieses Textes, wer auch immer es war, will uns so zeigen, dass sich das Vertrauen auf Gott immer auszahlt, auch wenn es von anderen lächerlich gemacht wird. Mit Gott als Partner wird das Leben gelingen; ich bin in der Lage alle Probleme zu meistern und meinem Leben einen Sinn zu geben. Glauben ist nicht eine Sache von Geboten und Verboten, sondern von erfahrener Gottesnähe und Hilfe gerade in schwierigen Situationen. So hilft der Glauben zum Leben und Überleben.
Jetzt wird die Symbolik unseres Evangeliums tiefer: Jesus ist am Ufer und erwartet die Fischer mit einem kleinen Mahl. Brot und Fisch! Ist das Brot ein Hinweis auf die Eucharistie, in dem wir ja Jesus beim Mahl begegnen? Schon die Kirchenväter sahen diese Situation symbolisch: „Piscis assus est Christus passus!“ Den gebratenen Fisch sahen sie als Symbol für den leidenden Christus, der Mensch geworden ist. Die Fische sind dann die Menschen, die von Petrus und den Jüngern zu Jesus an Land gebracht werden. Das Netz das nicht zerreißt ist dann ein Symbol für die Kirche, die die Gläubigen zusammenhält und letztendlich in die Nähe von Jesus bringt. Sind die Fische, die quasi aus dem Wasser gezogen werden, Sinnbilder für die Neugetauften? Sie sind ja auch durch das Wasser der Taufe in die Gemeinschaft von Jesus gekommen. Schließlich erinnert die abschließende Beauftragung des Petrus mit der dreimaligen Frage, „liebst du mich“, an die dreimalige Verleugnung beim Haus des Hohenpriesters. Petrus macht in Worten und Werken wieder gut, was er früher verbockt hat. Er war es ja, der das Netz der Kirche an Land gezogen hat. So scheint der zweite Teil des Evangeliums eine Auslegung zu den Sakramenten Taufe und Eucharistie zu sein. Die besondere Stellung des Petrus weist darauf hin, dass der Verfasser wohl aus der Gemeinde des Petrus stammt, und dass Petrus schon sehr früh in der Kirche eine Schlüsselstellung eingenommen hat.