Predigt zum 16. Sonntag im Jahreskreis

Liebe Gläubige!
Schafe und Hirten, das sind die Beispiele die uns die heutigen Bibelstellen vor Augen führen. Für die Menschen damals zurzeit Jesu etwas Selbstverständliches, aber für uns scheinen diese Bilder etwas antiquiert und daher unverständlich zu sein. Wann haben sie den letzten Hirten gesehen? Daher ist es nötig diese Bilder in unsere Zeit zu übersetzten:
Für Jeremia hatte das Bild vom Hirten eine ganz starke politische Dimension. Der Hirte ist der, dem die Herde anvertraut ist. Er hat dafür zu sorgen, dass Herde ausreichend Futter findet, dass sie gesund bleibt, und er muss sie vor den Gefahren der Wildnis verteidigen. So ist für Jeremia der Hirte ein Bild für die politische Elite seiner Zeit, den König, die Priester und die Ältesten des Volkes, der Adel. Nun war es zur Zeit des Jeremia so, dass die Reichen immer reicher wurden und die Armen immer ärmer. Oft wurden die Armen vor Gericht übervorteilt und ihres wenigen Besitzes beraubt. Zudem bedrohten die Babylonier das Königreich Juda. Außerdem breitete sich in der Oberschicht eine religiöse Gleichgültigkeit aus, oder man passte sich der scheinbar mächtigeren ausländischen Kultur an. In dieser Krisenzeit sah Jeremia das Versagen der politisch- religiösen Führung als Grund für den allgemeinen Niedergang an. Er sagte voraus, dass Gott nun auf der Seite der Armen und Unterdrückten eingreifen wird, und die unfähigen oder unwilligen Hirten zur Rechenschaft ziehen wird. Gott selbst wird für das Wohl der Menschen sorgen, die momentan noch unterdrückt werden. Ich glaube diese Lesung hat bis heute Aktualität, nicht nur in den so genannten Entwicklungsländern, sondern auch bei uns in Österreich. Ist es nicht auch bei uns so, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer. Auch bei uns geht die Einkommensschere immer weiter auseinander. Wir brauchen uns nur die Manager Gehälter anschauen, gegenüber dem Lohn eines Arbeiters. Auch bei uns bereichern sich gerade die Leute, die vorgeben sich für den kleinen Mann einzusetzen, und bringen ihn möglicherweise sogar noch um sein Erspartes. Auch die religiöse Gleichgültigkeit schreitet voran. Wird Gott auch heute noch einschreiten, wie er es damals in Juda gemacht hat? Die unfähigen Führer wurden damals durch die Babylonier entmachtet, wie Jeremia es vorhergesehen hat. Wie wird es bei uns weitergehen? Wie wirkt Gott heute? Erwarten wir überhaupt noch das Wirken Gottes in unserer Zeit?
Das Evangelium zeigt uns, wie Gott wirkt: Jesus hat seine Jünger ausgesandt, damit sie mit der Hilfe Gottes wirken unter dem Volk. Das Ergebnis war, dass sie viele Hoffnungen geweckt haben. Alles strömte Jesus zu. Viele setzten ihr Vertrauen auf  Jesus, dass er etwas an ihrer Situation ändert, dass er für Gerechtigkeit sorgt, dass er für Heilung sorgt. Sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen, heißt es im Evangelium. Und wieder der Vergleich mit den Schafen und den unfähigen, bzw. den nicht vorhandenen, Hirten. Und was tut Jesus? Keine Wunder, keine Revolution, kein radikaler Neuanfang! Es setzte sich hin und lehrte sie. Er will ihre Situation ändern, indem er ihnen sagt, dass jeder einzelne seine Grundeinstellung ändern muss. Die Verhältnisse in der Gesellschaft können nur besser werden, wenn alle wieder mehr auf Gott schauen. Nur dann kann es wieder Normen und Werte mit absoluter Gültigkeit geben. Nur wenn ich mein Leben in Beziehung mit Gott bringe, dann loht es sich das Gute zu tun, auch wenn ich nichts davon habe. Das war die Lehre Jesu damals, und sie gilt auch für uns heute. Es geht darum, dass nicht der gesellschaftliche Konsens, oder eine aktive und schreiende Minderheit, die gütigen Normen festlegt (vgl. z.B. Fristenlösung, Euthanasie), sondern dass sie von Gott schon in der Schöpfung grundgelegt sind, als unverlierbare Würde die Menschen. Das ist auch der Hintergrund für den Streit in der Schöpfungslehre, Zufall oder Plan Gottes. Wenn die Schöpfung nur Zufall ist, können aus ihr keine Normen abgeleitet werden. Jesus zielt also darauf ab, die Grundeinstellungen und Anschauungen der Menschen zu ändern, erst dann wird sich auch die Gesellschaftliche Situation auf Dauer ändern. Das gilt auch heute noch.