Liebe Gläubige!
Neben Klimawandel, Finanzkrise und seit Neuestem der Gefahr durch Pandemien ist der Tod das Angstthema unserer Zeit. Das zeigt sich darin, dass im Fernsehen immer mehr Gesundheitsratgeber und Ernährungstipps-Sendungen aus dem Boden schießen. Möglichst lange gesund und aktiv bleiben auch im Alter, das ist das Ziel unserer Gesellschaft. Daher kann man mit der Gesundheit gut Panik verbreiten. Für manche scheint die Gesundheit fast schon zu einer neuen Art Religion geworden zu sein. Krank werden und sogar Alt werden gelten als Unglück. Das Sterben wird weitgehend verdrängt. In einer Gesellschaft, in der nur der, der etwas leistet auch etwas gilt, ist das kein Wunder. So ist es auch in unseren Alten tief verwurzelt, dass das Wichtigste ist: nur niemanden zur Last zu fallen. Auf der anderen Seite ist ein Gesundheits- und Wellness Wahn ausgebrochen. Das beste Zeichen dafür ist die Anzahl der Gesundheitsresorts, die es schon bei uns im Waldviertel gibt, und die offensichtlich alle ihre Kunden haben. Der Tod und das Sterben scheint immer mehr die Domäne und die Zuständigkeit der verschiedenen wohltätigen Institutionen zu werden, die Kirche gehört da auch dazu. Aber anstatt als Geistlicher zum „Totenvogel" zu mutieren, will ich heute anlässlich das Evangeliums von der Auferweckung des Lazarus über das Leben sprechen. Denn „damit sie das Leben haben und es in Fülle haben" ist der eigentliche Auftrag, den uns Jesus als Geistliche und als Institution Kirche gegeben hat.
Zum Einen heißt das natürlich, über das Leben nach dem Tod zu sprechen. Wir Christen, wenn wir Jesus folgen, glauben nicht an eine Wiedergeburt, - als zweite Chance, oder weil wir uns nicht von dieser Welt trennen können - , sondern an ein neues Leben bei Gott. Dieses neue Leben beginnt nicht irgendwann, bei der allgemeinen Auferstehung der Toten, sondern gleich nach unserem Tod. Wir dürfen ein Leben in der Sphäre, oder in der Dimension Gottes erwarten. Die Auferstehung Jesu Christi und die Auferweckung des Lazarus können dafür als Beweis dienen. Der Tod ist für uns Christen der Geburtstag für das neue Leben. Die materielle Welt, wenn man will, - diese Dimension -, ist nicht das einzige was es gibt.
Zum Anderen muss die Kirche über das Leben hier und jetzt sprechen. So kann die Auferweckung des Lazarus, geistlich verstanden, auch die Auferweckung zu einem neuen Leben bedeuten. Auferweckung das heißt dann: ich erkenne, was in meinem Leben tot ist, oder was das Leben behindert oder absterben lässt. Ich meine damit schlechte Angewohnheiten, oder Taten und Worte, die anderen das Leben vermiesen oder sogar unmöglich machen. Viele Menschen machen sich Leben auch selbst schwierig. Sie sind gefangen in Süchten, die ihnen selbst schaden; oder Vorstellungen, die anderen Schaden und die sie doch durchsetzen wollen. Wie viele unnötige Streitereien gibt es in meiner Ortschaft. Vielleicht sollte da auch jemand die Menschen auferwecken zu einem neuen Leben. Ob sie es glauben oder nicht, wir Christen haben da so eine Möglichkeit, eine Auferweckung durchzuführen und ein neues Leben zu beginnen. Wir könnten in einer Beichte das Alte hinter uns lassen, und ein neues Leben beginnen, wenn wir genügend Mut dazu hätten. Mit Beichte meine ich jetzt eine richtige Beichte, nicht das allgemeine Bla Bla, das ich schon seit meiner Schulzeit gesagt habe. Auch wenn es momentan wegen der Corona Krise etwas abgekommen ist, sollte die Beichte als Auferstehung zu neuem Leben und Neuanfang nicht vergessen werden. Nur wenn ich mich wirklich ändern will, kann ich mir und meinen Mitmenschen ein neues und besseres Leben ermöglichen. Aber wenn wir nicht wollen, dass sich wirklich etwas ändert, dann werden wir wohl in unseren alten, oft selbst gebauten, Gräbern bleiben. Vielleicht wird sich der eine oder andere das Leben durch ein bisschen Wellness und Konsum erträglich machen, aber das Leben in Fülle - wie es Jesus meint — wird dadurch niemand erreichen. Höchstens ein bisschen Ablenkung ...